Oksana Bondarchuk wurde am 16. Juni 1989 im ukrainischen Chmelnyzkyj geboren. Doch als sie auf die Welt kommt, sind sogar die erfahrenen Ärzte geschockt. Sie schauen auf das neugeborene Mädchen und sehen, dass große Teile ihrer Beine fehlen. Ihre Hände sind missgebildet, sie hat keine Daumen und Fingernägel, gleichzeitig leidet sie von Geburt an an einem Nierenschaden.
Es ist sehr wahrscheinlich, dass diese Fehlbildungen auf den Atomreaktorunfall in Tschernobyl im April 1986 zurückzuführen ist. Oksanas Eltern sind entsetzt, als sie erfahren, dass es wahrscheinlich die hohe Strahlenbelastung war, die dazu geführt hat, dass sich ihr Kind nicht vollständig gesund entwickeln konnte. Sie fühlen sich nicht dazu bereit, für Oksana zu sorgen und haben Angst vor der Herausforderung. Kurz nach ihrer Geburt wird das Mädchen in ein Waisenhaus gebracht. Oksana wird ihre Eltern nie wiedersehen.
Die sieben Jahre, die sie im Waisenhaus verbrachte, würde Oksana am liebsten vergessen. Sie wurde ständig gemobbt, litt Hunger, wurde geschlagen und auch sexuell missbraucht. Es scheint, als würde das Mädchen ihr Leben lang leiden müssen. Das Einzige, was ihr Kraft gibt, ist die die Hoffnung, dass sie irgendwann dem Waisenhaus entkommen wird und sie in einem guten Heim unterkommen wird.
Doch sie steht mit ihrer Hoffnung alleine da: Die Leitung des Heimes denkt nicht, dass irgendjemand Oksana jemals adoptieren wird. Sie registrieren sie zwar in der nationalen Adoptionsdatenbank, aber glauben nicht daran, dass irgendjemand dieses Mädchen jemals haben will. Daher ist die Überraschung riesig, als sie auf einmal einen Anruf vom anderen Ende der Welt bekommen. Am Hörer ist Gay Masters, eine Sprachtherapeutin aus dem amerikanischen Cincinnati. Sie hat Oksanas Foto gesehen und wusste einfach, dass sie ihre zukünftige Tochter sieht.
Oksana ist fünf Jahre alt, als sie ihre zukünftige Mutter das erste Mal trifft. Doch aufgrund der ukrainischen Gesetzeslage vergehen noch einmal weitere zwei Jahre, bis sie adoptiert werden darf. Zwei weitere Jahre, die Oksana im Waisenhaus verbringt, immer in der Angst, dass Gay vielleicht nie wieder zurückkehren wird. Aber Gay lässt sie nicht im Stich: Ständig schickt sie Fotos von Oksanas neuem Zuhause, schreibt Briefe und kümmert sich um alle notwendigen Dokumente.
Gleichzeitig wundert sich nicht nur die Heimleitung in der Ukraine über Gays Entscheidung. Auch in Cincinnati fragen sich alle, warum Gay kein „gesundes“ Kind adoptieren will. Aber Gay ist sich einfach sicher. Ihre Sturheit rettet Oksana das Leben.
Als es endlich soweit ist, dass Oksana in die USA darf, ist sie beinahe acht Jahre alt und wiegt erschreckende 35 Kilo. Als Kleinkind konnte sie noch auf den Zehenspitzen laufen, aber mittlerweile tragen sie ihr Gewicht nicht mehr. In der neuen Heimat lässt ihre Familie ihr die beste Pflege zukommen. Ärzte können ihre Hände neu formen und empfehlen, beide Beine zu amputieren, da sie mit Prothesen ein normaleres Leben führen kann. Mit neun Jahren wird das linke Bein abgenommen, ein Jahr später folgt das rechte.
Die riskanten Operationen verlaufen gut und Oksana lernt schnell, auch mit ihren neuen Beinen umzugehen. Bald kann sie laufen, Rollschuh und Fahrrad fahren. Bis sie schließlich ihre große Leidenschaft entdeckt: Rudern. Sie trainiert eisern und wird so gut, dass sie es schließlich sogar in die Mannschaft der Paralympics schafft.
2012 gewinnt sie mit ihrem Ruderpartner Rob Jones die Bronzemedaille bei den Paralympics in London. Mittlerweile ist die ehemalige Waise zu einer wunderschönen jungen Frau herangewachsen. So kommt es, dass kurz nach den Spielen eine Sportzeitschrift auf sie zukommt und ein erotisches Fotoshooting mit ihr organisiert. Die Bilder begeistern die ganze Welt
Oksana hat nichts zu verbergen: Ihr Körper ist stark, schön und sie kann alles erreichen, was sie möchte.
Nur zwei Jahre später gewinnt die mittlerweile 25-Jährige eine Bronze- und eine Silbermedaille im Skilanglauf bei den Paralympics in Sochi. Die ganze Welt spricht nun über die begnadete Athletin und ihre Geschichte inspiriert Millionen Menschen auf der ganzen Welt.
Trotz ihrer schmerzhaften Vergangenheit hat Oksana sich davon nie unterkriegen lassen. Heute ist Oksana in der Ukraine eine Nationalheldin. 2015 hat sie das Land besucht, um verwundete Soldaten zu besuchen und ihnen Mut zu machen. Zudem besuchte sie ein Waisenhaus, um dort Zeit mit Waisenkindern zu verbringen.
Wer sich heute Oksanas Profile im Internet anschaut, würde nie auf die Idee kommen, was für ein Albtraum hinter ihr liegt. Diese erfolgreiche junge Frau hat so viel Kraft und einen Mut bewiesen, der wirklich seinesgleichen sucht. Es besteht kein Zweifel daran, dass sie noch viele großartige Dinge in ihrem Leben erreichen wird. Was für eine Inspiration.