Langes Haar und große Brüste gelten als Schönheitsideale und definieren uns als Frauen. Jedenfalls verbinden viele Frauen – aber auch Männer – diese Eigenschaften als etwas, was Femininität ausmacht. Aber muss man eine bestimmte Frisur oder ein C-Körbchen haben, um sich als Frau zu fühlen? Eine junge Amerikanerin beweist mit ganz besonderen Bildern, dass nicht das Aussehen, sondern unser Gefühl uns zu Frauen macht.
Die Studentin Jessica Florence aus Jacksonville (USA) betonte, wie viele andere Frauen auch, ihre üppige Oberweite und trug ihre langen Haare gern offen. Sie machten sie zu einer erwachsenen, attraktiven Frau, wie Jessica dachte. Doch nach einer Schockdiagnose sollte sich ihr Körper ebenso wie ihre Einstellung zu diesem Thema radikal verändern.
Im Alter von 22 Jahren entdeckte die junge Amerikanerin kleine Knötchen in ihrer rechten Brust. Etliche Untersuchungen und eine Bestrahlungstherapie halfen jedoch nicht, die Tumore zu verkleinern. Zwei Jahre später erhielt sie eine weitere Hiobsbotschaft: Die Ärzte diagnostizierten bei der jungen Frau Brustkrebs im Stadium 3.
Auf diese traurige Nachricht folgten Monate voller Schmerzen, Ohnmacht und Verzweiflung. „Im Juni 2016 begann ich mit der Behandlung und musste innerhalb von 6 Monaten 6 Runden Chemotherapie über mich ergehen lassen“, erzählt Jessica von dieser schwierigen Zeit.
Jessica musste aufgrund der Behandlung nicht nur umziehen und ihr Studium der Architektur aufgeben, sondern litt zudem unter massiven Nebenwirkungen der aggressiven Behandlung. „Ich hatte eine Liste an Symptomen, die für immer zu bleiben schienen. Die Chemo beeinflusst deinen Bauch und sorgt dafür, dass du dich dauernd unwohl fühlst. Außerdem habe ich eine empfindliche Haut, sodass man mich kaum erkennen konnte – wegen der offenen Wunden in meinem Gesicht.“
Trotz dieser schrecklichen Nebenwirkungen wollte Jessica stark bleiben und stylte sich für jeden Arztbesuch, so wie sie es vor der Krebsdiagnose getan hatte. Sie wollte sich trotz der schweren Bürde wie eine Frau fühlen und trug roten Lippenstift und High Heels, wenn sie zur nächsten Chemotherapie ging. „Ich denke, wenn ich gut aussehe, fühle ich mich auch gut. Ich versuchte, positiv zu denken und der Behandlung mutig zu begegnen.“ Trotz dieser Einstellung erreichte Jessica nach der sechsmonatigen Behandlung ihren Tiefpunkt.
Jessicas Krebs hatte weit gestreut. Die Ärzte sahen keine andere Möglichkeit, als ihre rechte Brust komplett zu entfernen. Der Teil ihres Körpers, der Jessica – ihrem Selbstverständnis nach – als Frau definierte, wurde ihr einfach so genommen. Der Krebs nahm ihr nun nicht nur die Kraft, sondern auch einen Teil ihrer Identität als weibliches Wesen. „Wenn du dich betrachtest, denkst du, dass deine Haare und deine Oberweite dich zu einer Frau machen“, erklärt Jessica ihre Verzweiflung.
Die junge Frau erfuhr auf ihrem Leidensweg jedoch sehr viel Liebe und Unterstützung von Freunden und ihrer Familie. Sie zeigten ihr, dass sie auch mit kurzem Haar und nur einer Brust schön ist und dass nicht ihr Körper ihre Persönlichkeit als Frau bestimmt. Durch sie wurde Jessica schließlich wieder viel selbstbewusster und änderte ihre Meinung über ihren Körper. „Meine Brüste machen mich nicht zur Frau, sondern ich selbst bestimme, wie ich mich fühle“, lautet heute ihr neues Kredo.
Mit diesem neuen Körpergefühl und dem wiedererwachten Selbstbewusstsein wollte sie nun sich selbst, aber auch anderen Menschen zeigen, dass man in einer solchen Situation optimistisch bleiben muss und an dieser schlimmen Erfahrung wachsen kann. Aus diesem Grund beschloss Jessica, sich von einer professionellen Fotografin ablichten zu lassen. Die ersten Bilder entstanden, kurz bevor Jessica sich einer Operation zur Rekonstruktion ihrer Brüste unterzog.
Die junge Frau trägt auf den Bildern einen Mundschutz, den sie nach der Chemotherapie immer tragen musste, um sich vor Erregern zu schützen. „An diesem Punkt habe ich mich wie ein Soldat gefühlt, deshalb hat der Mundschutz auch ein Tarnmuster“, erklärt sie die Wahl ihres „Outfits“. Ansonsten kann man eine hübsch gestylte Frau erkennen, die ihre Hände schützend vor ihren nackten Oberkörper gelegt hat. Sie hat nur eine Brust, ist jedoch Frau durch und durch!
Nachdem ihre Ärzte Jessica eine künstliche Brust geformt hatten, gab es endlich gute Neuigkeiten. Denn entgegen den Voraussagen ihrer Ärzte, die sich nicht sicher waren, ob sie den Krebs überleben würde, besiegte die junge Frau die schwere Krankheit. Im Mai 2017 erhielt sie die Nachricht, dass keine Krebszellen mehr in ihrem Körper nachgewiesen werden konnten. „Als ich die positive Nachricht bekam, war ich so erleichtert. Ich fühlte mich, als hätte ich den Krebs eigenhändig getötet“, berichtet Jessica von diesem Moment.
Einige Tage später beschloss Jessica, ein weiteres Fotoshooting zu machen, um anderen Menschen zu zeigen, was sie mit dieser Krankheit durchgemacht hatte. Ein professioneller Fotograf setzte ihre Idee um, sie nur mit Jeans und einer Jacke über der Schulter zu fotografieren.
Das Ergebnis kann sich sehen lassen: Die linke Brust bedeckt Jessica locker mit ihrem Arm, während sie voller Stolz ihre rekonstruierte rechte Brust zeigt. Wie ein Model posiert die junge, wunderhübsche Frau auf den Fotos. Der Schmerz und die Verzweiflung der letzten 3 Jahre sind wie weggefegt. Dennoch zeugt ihre Brust von dem Leid dieser Jahre.
Jessica lässt sich nicht nur für das eigene Selbstbewusstsein so nackt und verletzlich ablichten: „Ich versuche so viel wie möglich von mir zu zeigen und ich zeige mich für andere Menschen“, erklärt sie ihre Beweggründe.
Bemerkenswert, welche innere Stärke Jessica besitzt. Respekt auch an alle, die sie in dieser schweren Zeit unterstützt haben. Toll, dass sie Menschen helfen will, die sich, wie sie einst, in einer solch verzweifelten Situation befinden.