Ivanka Danisova bindet sich ihr langes, dunkles Haar zu einem Pferdeschwanz und streicht die herausgefallenen Strähnen hinter beide Ohren. Für die meisten Frauen eine ganz natürliche Bewegung. Für die gebürtige Slowakin bedeutet es jedoch ein ganz neues Gefühl von Freiheit. Ihr ganzes Leben lang hat die 30-Jährige ihr Haar wie einen Vorhang vor ihr Gesicht fallen lassen und krampfhaft versucht, ihre rechte Gesichtshälfte zu verstecken. Denn Ivanka wurde mit einem „halben“ Gesicht geboren.
Ivanka, die heute Jura studiert, und ihre beiden Schwestern kommen als Drillinge zur Welt; als Einzige der drei wird sie jedoch mit dem Goldenhar-Syndrom geboren. Die seltene Fehlbildung führt zu einer Wachstumsstörung des Gesichts, mit vergrößertem oder fehlendem Auge, einer fehlgebildeten Ohrmuschel ohne Gehörgang, verschobenem Kinn und höher stehendem Mundwinkel. Ihre ungewöhnlichen Gesichtszüge sorgen schon von Kindesalter an für Spott und Häme von Mitschülern, für starrende Blicke und gehässige Kommentare von Fremden.
„Meine Kindheit war kein Spaziergang; es gab viele Momente, in denen man mir auf grausame Weise gezeigt hat, dass ich ‚anders‘ bin“, so die angehende Anwältin. „Ich war ein kleines, schüchternes Mädchen, das für jeden Erfolg in der Schule gekämpft hat und jedem zeigen wollte, dass ich etwas wert bin. Trotz aller Hindernisse hatte ich immer ein Ziel im Leben und niemand konnte mir im Weg stehen.“
Als erste Europäerin mit Goldenhar-Syndrom hat sich Ivanka nun als Erwachsene in den USA von Gesichtsrekonstruktions-Spezialisten operieren lassen. Mehrere, mitunter 20-stündige Eingriffe hat die 30-Jährige dafür über sich ergehen lassen. Das Ergebnis zeigt die in England lebende Slowakin nun stolz der ganzen Welt auf ihrem Instagram-Account.
„Ich habe nun zum ersten Mal einen Unterkiefer und Wangenknochen. Ich kann zum ersten Mal in meinem Leben auf meinem rechten Ohr hören und auf der rechten Seite kauen“, freut sich Ivanka über das neue Lebensgefühl. „In meiner Seele und meinem Herzen bin ich noch dieselbe, auch wenn ich jetzt anders aussehe.“
Deshalb setzt sich die junge Frau mit ihrer Kampagne „Rainbow for Ivanka“ (Regenbogen für Ivanka) auch für Menschen ein, die ihr Schicksal teilen. Sie möchte auf die Erkrankung aufmerksam machen und dafür kämpfen, dass vor allem betroffene Kinder nicht, wie sie einst, von der Gesellschaft ausgegrenzt werden: „Ich weigere mich zu akzeptieren, dass diese Krankheit in meiner Heimat, der Slowakei, immer noch als Tabu behandelt wird“, gibt sie sich kämpferisch.
„Ich habe gelernt, selbstbewusst zu sein“, sagt Ivanka. „Für die Zukunft wünsche ich mir, als Jugendanwältin zu arbeiten und endlich ein normales Leben ohne Operationen zu führen.“ Und für ihre Zukunft hat die 30-Jährige nur das Beste verdient!