In ihrer zwanzigsten Schwangerschaftswoche warf eine herzzerreißende Diagnose die junge Mutter Sierra Strangfield und ihren Ehemann in ein tiefes Loch: Bei ihrem Sohn Samuel wurde Trisomie 18 festgestellt – eine seltene Genommutation, die Entwicklungsstörungen und Geburtsfehler verursacht.
„Es zog uns den Boden unter den Füßen weg. Wir wussten nicht, was kommen würde. Ob wir unser Baby noch sehen würden oder nicht. Ich fühlte mich in jenen Tagen wie betäubt. Trotzdem freute ich mich über jede Sekunde, über jeden Tag, den ich mit ihm noch verbringen durfte“, erklärt die 25-jährige Miteigentümerin eines Friseursalons.
Die Chance, dass Samuel selbst die Schwangerschaft überleben würde, war sehr gering: Ungefähr 95 % der Kinder mit Trisomie 18 sterben bereits im Mutterleib, von den Lebendgeborenen überstehen nur wenige die ersten Tage nach ihrer Geburt.
„Ein Schwangerschaftsabbruch kam für uns trotzdem nicht in Frage“, sagt Sierra, die bereits Mutter einer fast 2-jährigen Tochter ist. Ungefähr zwei Monate vor dem berechneten Geburtstermin erfuhr Sierra, dass ihr Sohn wahrscheinlich im Verlauf der nächsten Woche sterben würde. Deshalb entschloss sie sich, schon vorher via Kaiserschnitt zu entbinden.
„Wir wollten diesen kleinen, wertvollen Schatz kennenlernen. Wir wollten ihn so behandeln wie jedes andere Baby“, erzählt Sierra. Die Entbindung glückte: Am 5. September 2019 erblickte Samuel Lee das Licht der Welt. Er wog weniger als ein Kilogramm und lebte nach der Entbindung noch drei weitere Stunden.
„Ich hielt ich ihn fast die ganze Zeit in meinen Armen. Er lag auf meiner nackten Brust. Dadurch haben sich sein Puls und der Sauerstoffgehalt seines Blutes sofort erhöht. Als ob er wusste, dass ihn seine Mama berührte. Er gab ein paar kleine Quiekser von sich. Wir haben in diesen drei Stunden versucht, uns jede Einzelheit seines winzigen Körpers einzuprägen.“
Noch während ihrer Schwangerschaft entschloss sich Sierra, ihre Muttermilch zu spenden. In einem Facebook-Beitrag beschrieb sie, was sie dazu bewog:
„Als ich bemerkte, dass ich schwanger war, wollte ich unbedingt mein Kind allein stillen – ohne künstliche Babynahrung. Als wir jedoch Samuels Diagnose erhielten, wusste ich, dass das nicht passieren würde. Auch diese Hoffnung wurde mir genommen. Bevor Samuel von uns ging, sagte ich mir, dass ich meine Milch spenden würde.
Schließlich hat auch meine Tochter fast das erste halbe Jahr ihres Lebens gespendete Milch erhalten. Ich konnte Samuels Leben nicht retten, aber vielleicht das eines anderen Babys. Muttermilch abzupumpen ist nichts für schwache Nerven. Es kostet viel Kraft, seelisch und körperlich. Das Ganze wird noch schwieriger, wenn man kein Baby hat. Manchmal war ich wütend.
Warum musste sich die Milch bilden, obwohl ich kein Baby habe? Warum musste ich mitten in der Nacht dafür aufwachen? Andererseits spürte ich jedoch tief im Innern, dass es mich mit Samuel verbindet. Ich bin mir sicher, dass er stolz auf mich ist. Dreiundsechzig Tage lang habe ich meine Muttermilch gesammelt.“
Fast fünfzehn Liter kamen am Ende zusammen. Als Sierra die letzten Beutel abgab, spürte sie, dass diese Spende dabei half, die seelischen Wunden zu heilen, die sie infolge von Samuels Tod erlitten hatte, auch wenn sie wohl niemals völlig verschwinden werden.
Die Erinnerung an Sternenkind Samuel wird in ihren Herzen immer lebendig bleiben. Inzwischen hat die Familie Strangfeld jedoch ein neues Mitglied willkommen geheißen: ein gesundes Töchterchen namens Collyns Grace.
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Vorschaubilder: ©Facebook/Sierra Strangfeld ©Facebook/Sierra Strangfeld