Es gibt Krankheiten und Behinderungen, die so verbreitet sind, dass jeder eine Vorstellung davon hat, wie sie verlaufen. Lähmungen, Diabetes oder Asthma kennt jeder – entweder, weil man einen Menschen kennt, der darunter leidet, oder sie sogar selbst hat. Doch es gibt auch Krankheitsbilder, die so selten sind, dass sie im Bewusstsein der meisten Menschen gar nicht existieren. Das macht es für die Betroffenen umso schwerer. Offiziell gilt eine Krankheit als selten, wenn sie bei weniger als einem von 2.000 Menschen vorkommt. Doch auch wenn solche seltenen Krankheiten in der öffentlichen Diskussion so gut wie gar nicht wahrgenommen werden, so werden diejenigen, die mit ihnen leben müssen, doch jeden Tag an sie erinnert.
Der italienische Fotograf Aldo Soligno gibt diesen unterrepräsentierten Menschen nun ein Gesicht und eine Stimme. Indem er sie abbildet, bringt er ihre Geschichten an die Öffentlichkeit und klärt die Welt auf. Er möchte, dass diese Menschen mehr Aufmerksamkeit bekommen und gehört werden.
Er nennt das Projekt „Rare Lives“ (seltene Leben). Das Ziel: den Alltag der Menschen abzubilden und aufzuzeigen, was es wirklich für die Betroffenen und ihre Familien bedeutet, das Leben mit diesen Krankheiten zu meistern. Eine von ihnen ist der Gendefekt Osteogenesis imperfecta – er verursacht die sogenannten Glasknochen. Dabei sind die Knochen so dünn und brüchig, dass bereits leichte Stöße und Stürze zu schweren Brüchen führen. Menschen mit Glasknochen sind im Alltag stark eingeschränkt, da sie ständig extrem vorsichtig sein müssen, sich nirgendwo anzustoßen.
Viele Menschen, die mit einer „unsichtbaren Krankheit“ leben, fühlen sich oft ausgeschlossen und sehen sich allzu oft Unverständnis gegenüber. Gleichzeitig möchten sie natürlich nicht auf ihre Krankheit reduziert werden. Aldo schafft es jedoch, die Menschen auf behutsame Weise „einzufangen“. Auch wenn die Krankheit ein wesentlicher Bestandteil ihres Lebens ist, zeigt der Fotograf, wer diese Menschen wirklich sind. Man kann sich gut in ihre Situation hineinversetzen. Wer diese Bilder betrachtet, wird definitiv mit anderen Augen durch die Welt gehen und mehr Aufmerksamkeit für seine Mitmenschen mit körperlichen Einschränkungen aufbringen.
Gleichzeitig zeigt „seltene Leben“ auch die schönen Aspekte im Leben der abgebildeten Menschen: ihre Talente und Leidenschaften. Der 17-jährige Luis etwa leidet an Pseudoachondroplasie, einer angeborenen Form von Zwergwüchsigkeit. Aufgrund seiner Krankheit muss er sich immer wieder Operationen unterziehen. Nach einer besonders aufwändigen Operation musste er drei Monate lang das Bett hüten. Dabei entdeckte er seine Leidenschaft für den Film und weiß seitdem, dass er dieses Thema beruflich weiterverfolgen möchte.
Und die Bilder machen Eindruck. Durch mehr Aufmerksamkeit fließt auch mehr Geld und Einsatz in die Forschung und in Bemühungen, den Alltag für Menschen mit Behinderung zu erleichtern.
Das Projekt ist wirklich großartig! Das hat auch die italienische Regierung erkannt. So wird das Vorhaben von der italienischen Organisation für seltene Krankheiten, UNIAMO F.I.M.R., unterstützt und empfohlen. Mehr Informationen findet man auf Facebook und Instagram.
Indem man diese Bilder teilt und sich mit ihnen auseinandersetzt, kann man ganz einfach einen Beitrag für ein toleranteres Miteinander leisten. Wenn man sich in andere Menschen hineinversetzt, wird man aufmerksamer für deren Bedürfnisse. Dieses tolle Projekt macht wirklich Hoffnung auf ein besseres Miteinander.