Statuen stehen überall – Skulpturen aus Bronze, Stein oder Stahl, die an wichtige historische Ereignisse oder Personen erinnern. Moderne Bildhauerei ist in unserem Alltag so präsent, dass wir sie im Vorbeigehen kaum noch wahrnehmen.
Doch diese Plastiken sind nicht nur schöne Kunst zum Anschauen. Sie stehen oft für Menschen, die schreckliche Umstände überstanden haben und sich aus Sklaverei und Gefangenschaft befreien konnten. Allzu oft bilden sie auch Personen ab, die Großes geleistet haben, aber gerade dabei ihr Leben verloren haben.
Die folgenden Statuen sind immer einen Besuch wert – aber wenn man ihre Hintergrundgeschichte kennt, dann bleibt man noch länger nachdenklich vor ihnen stehen. Sie stehen für sehr persönliche und oft tragische Geschichten.
1. La Mulâtresse Solitude
Sie wurde 1772 auf Guadeloupe in die Sklaverei geboren, nachdem ein Seemann ihre aus Afrika verschleppte Mutter auf dem Weg dorthin vergewaltigt hatte. 1794 erlebte sie die Abschaffung der Sklaverei und schloss sich einer von ehemaligen Sklaven geführten Plantage an. Doch schon 1799 erklärte Napoleon Bonaparte die befreiten Menschen in den französischen Kolonien erneut zu Sklaven – doch die rebellierten. „La Mulâtresse“ schloss sich der Bewegung an und kämpfte für ihre Freiheit. 1802 wurde sie gefangengenommen. Man ließ sie noch ihr Kind zur Welt bringen und richtete sie nur einen Tag später hin. Der Schlachtruf der Rebellen war: „Ein Leben in Freiheit oder der Tod!“
2. Sir Nicholas George Winton
Nicholas Winton rettete während des Zweiten Weltkriegs 669 jüdischen Kindern das Leben, indem er ihnen nach den Novemberpogromen half, nach London einzureisen. Er organisierte britische Adoptiveltern und trieb durch Spenden das Geld für ihren Transport auf. Er sprach viele Jahre nicht über seine Taten, erst 1988 fand seine Frau auf dem Dachboden Dokumente, die seine Geschichte erzählten.
3. Wächter unter Wasser
Diese Statuen stehen vor der Stadt Granada in Südspanien auf dem Meeresgrund. Sie erinnern an all die Menschen, die in die Sklaverei nach Amerika entführt wurden und den Weg über das Meer nicht überlebten.
4. Dem Hunger überlassen
Mitte des 19. Jahrhunderts kam es in Irland zu schlimmen Missernten und die Nahrungsgrundlage der Bevölkerung wurde fast völlig zerstört. Die englische Regierung tat nichts, um ihnen helfen. Etwa eine Million Menschen verhungerten, zwei weitere Millionen gelang es, nach Amerika auszuwandern. Die Skulpturen aus Bronze erinnern an die ausgehungerten Körper derer, die es nicht geschafft haben.
5. Würde
„Dignity“ („Würde“) lautet der Name dieser Statue am Ufer des Missouri River nahe der Stadt Chamberlain im US-Bundesstaat South Dakota. Sie ehrt die ersten Bewohner des Staates.
6. Moderne Bildhauerei für eine stolze Königin
Königin Liliʻuokalani (1838-1917) war die letzte Königin des Königreichs Hawaiʻi. Nach dem Tod ihres Bruders nahm sie 1891 ihren Platz als Monarchin ein. Heute steht ihre liebevoll mit Blumen geschmückte Statue in Honolulu und erinnert an sie.
7. Ein grausamer Dank
In einem Park der Stadt Manchester sitzt eine Bronzestatue des legendären Computer-Pioniers Alan Turing auf einer Bank. Während des Zweiten Weltkriegs war er maßgeblich daran beteiligt, deutsche Funksprüche zu entschlüsseln und damit den Sieg der Alliierten zu befördern. Doch sein Land dankte es ihm auf furchtbare Art: Als er einen Einbruch in sein Haus bei der Polizei anzeigte, warf die ihm prompt seine gleichgeschlechtliche Beziehung zu einem der Einbrecher vor und er wurde wegen „grober Unzucht und sexueller Perversion“ angeklagt. Um einer Gefängnisstrafe zu entgehen, stimmte er einer Hormonbehandlung zu, die ihn von seiner Homosexualität „heilen“ sollte. Dies und die Ablehnung seiner Umgebung trieben ihn in eine schwere Depression, bis er sich schließlich 1954 das Leben nahm.
8. Gerettete Leben
Diese Statue steht vor dem Bahnhof von Liverpool in England. Sie erinnert an die jüdischen Geflüchteten, die es schafften, ihrer Verfolgung und Ermordung durch das Nazi-Regime zu entkommen, indem sie Zuflucht in England fanden.
9. Gaspar Yanga
Gaspar Yanga war ein Königssohn, der entführt und nach Mexiko in die Sklaverei verkauft wurde. Er befreite nicht nur sich selbst, sondern auch seine Mitgefangenen, und führte aus den Bergen heraus eine Guerilla-Rebellion an. Dort existiert noch immer die nach ihm benannte erste freie Stadt Mexikos.
10. Skulpturen aus Bronze für die Frauen im Stahlwerk
Diese Statuen stehen in der englischen Stadt Sheffield und erinnern an die Frauen, die während der beiden Weltkriege mit ihrer Arbeit die Stahlfabriken der Stadt am Laufen hielten. So konnten sie die Industrie der Stadt während der Kriegszeiten erhalten – doch als die Männer von der Front zurückkamen, wurden sie sofort und ohne Dank entlassen.
11. Freiheit für immer
Auf der Insel Barbados steht diese Statue und erinnert mit ihren gesprengten Ketten an die erfolgreiche Rebellion gegen die Sklaverei.
12. Ein Mädchen wie viele andere
Vor dem Haus in Amsterdam, in dem sie und ihre Familie sich zwei Jahre lang verstecken konnten, bevor sie verraten, ins KZ verschleppt und dort ermordet wurden, steht Anne Franks Statue. Anne wurde nur 15 Jahre alt, ihr erhaltenes Tagebuch erzählt ihre ganze Geschichte.
13. Die Frau mit der Handtasche
Danuta Danielsson war die Tochter einer Überlebenden des Holocausts und wanderte 1981 von Polen nach Schweden aus. Als dort am 13. April 1985 Neonazis auf den Straßen marschierten, zog sie einem dieser „Herrenmenschen“ ihre Handtasche über. Das zufällig geknipste Foto schrieb Geschichte, die Skulptur aus Bronze steht heute in der schwedischen Stadt Växjö.
14. Das furchtlose Mädchen
Die Statue eines kleinen Mädchens, das sich ohne Furcht einem anstürmenden Stier entgegenstellt, steht in der Wall Street in New York City. Der Stier war zuerst da, er repräsentiert einen aggressiven Unternehmergeist. Das Mädchen wurde 2017 aufgestellt und erinnert daran, dass es noch immer nur verschwindend wenige Frauen in Führungspositionen schaffen. Im Dezember 2018 wurde sie direkt vor die New Yorker Börse gestellt, die sie seitdem im Blick behält.
15. Alerta, alerta
Während des Spanischen Bürgerkriegs reisten Antifaschisten aus der ganzen Welt an, um im Untergrund gegen das Franco-Regime zu kämpfen. Auch im schottischen Glasgow steht eine Statue, die an die Partisanen dieser Zeit erinnert.
Was für eine Sammlung außergewöhnlicher Lebensgeschichten! Mal stellt die Skulptur eine spezielle Person dar, mal steht sie für eine ganze Gruppe Menschen. Aber alle sind sie Zeugnisse für und Erinnerungen an Momente in der Geschichte, die nie vergessen werden sollen.
Vorschaubild: ©Facebook/Price of Silence