Jessica Kents Leben geriet leider schon sehr früh auf die schiefe Bahn. Sie wurde drogenabhängig, handelte später selbst mit Drogen und kam dafür ein Jahr ins Gefängnis – und das bereits im Alter von 17 Jahren. Nachdem Jessica ihre Haftstrafe verbüßt hatte, verstieß sie aber gegen die Bewährungsauflagen, weil sie sich Drogen und sogar eine Schusswaffe anschaffte.
Als das aufflog, musste sie wieder ins Gefängnis, in dem sie dieses Mal mehrere Jahre einsaß. 2014 wurde sie wieder freigelassen. Die ehemalige Gefängnisinsassin ist nun 31 Jahre alt, verheiratet, hat zwei Kinder und sogar einen Hochschulabschluss. Sie startete mehrere Social-Media-Accounts und einen YouTube-Kanal, auf dem sie über ihre schwere Zeit berichtet. Es folgen zehn interessante Aspekte ihres Lebens im Gefängnis: Mythen, Fragen und Erfahrungen.
1. Wie fühlt sich der erste Tag im Gefängnis an?
„Der ist wirklich kraftraubend. Im Allgemeinen ist es so, dass man per Bus ins Gefängnis gebracht wird. Die Fahrt dauert normalerweise sehr lange, weil die Gefängnisse irgendwo in der Pampa liegen. Es gibt keine Zwischenmahlzeiten und der Bus hält auch nicht an, falls man auf die Toilette muss. Im Gefängnis angekommen, muss man alle Sachen ausziehen. Man ist völlig nackt und wird mit Entlausungsshampoo überschüttet, das man noch drei Tage später riecht. Man muss sich hinhocken und husten, damit sichergestellt werden kann, dass man nichts ins Gefängnis schmuggelt. Das ist wirklich schrecklich, traumatisierend und erniedrigend. Dann sitzt man nackt da, während man fotografiert wird oder notiert wird, welche Tattoos man trägt. Es kommt die Frage, wer im Todesfall benachrichtigt werden soll, und man muss seine Krankheitsgeschichte offenlegen. Nachdem der Psychiater einen gefragt hat, wie man sich heute fühle, denkt man sich: ‚Wie bitte?!‘ Schließlich sieht man nach diesem traumatischen Vorgang wie eine halbe Leiche aus. Am Schluss wird einem ein Schlafplatz zugewiesen.“
2. Was tun Häftlinge den ganzen Tag?
„Nun, man muss arbeiten. Man kann nicht einfach im Bett bleiben und sich entspannen. Jeder muss zu seiner Arbeit gehen. Ausnahmen gibt es nur bei Behinderungen oder wenn man körperlich nicht dazu in der Lage ist. Viele ältere Insassen können zum Beispiel nicht zwölf Stunden am Tag in der Wäscherei stehen. Nach dem Abendessen kehrt man zu seinem Block zurück und kann alles tun, was man will. Eine Mahlzeit zubereiten, einen Brief schreiben, mit seinen Leuten abhängen. Solche Dinge halt.“
3. Werden Insassen bei einer medizinischen Behandlung ans Bett gefesselt?
„Das ist eine wirklich gute Frage. Ja, man wird hundertprozentig ans Bett gefesselt. Ich bekam beispielsweise im Gefängnis mein erstes Kind. Das war die traumatischste Erfahrung meines Lebens. Und sobald meine Tochter entbunden war, wurden meine Beine wieder ans Bett gefesselt. Mein gesundes neugeborenes Baby in den Armen zu halten, während ich angekettet war, brannte sich für immer in mein Gedächtnis. Deshalb veränderte ich mein Leben völlig. Nachdem ich aus dem Gefängnis entlassen worden war, arbeitete ich ein Jahr lang dafür, das Sorgerecht wiederzubekommen.“
4. Was für Fleisch wird serviert?
„Im letzten Gefängnis, in dem ich einsaß, gab es etwas, das ‚Fleischwatte‘ genannt wurde. Mir wird schon übel, wenn ich nur daran denke. Das war nicht ein Spitzname der Häftlinge, sondern die offizielle Bezeichnung. Man muss sich darunter einen merkwürdigen Ball aus Fleisch unbekannter Herkunft vorstellen, der hart war und schlecht roch. Manchmal fand ich darin Fasern oder Ähnliches. Dazu wurden kalte Bohnen direkt aus der Dose serviert sowie Maisbrot. Zumindest hieß es so. An diesen Tagen hungerte ich.“
5. Gehen Wärter und Insassinnen eine Beziehung ein?
„Kurz gesagt: ja. Wer lange einsitzt, wird einsam. Man bleibt ein Mensch und sehnt sich nach Nähe. Und das passiert definitiv mit Justizvollzugsbeamten. Ich sah es, die meisten Häftlinge auch. Es fängt sehr klein an, mit einem Blick oder einem Lächeln, wenn man an jemandem vorbeigeht und ihn berührt. Trotzdem ist es verboten und wer erwischt wird, kommt vors Gericht – egal, ob man Wärter oder Justizvollzugsbeamter ist.“
6. Wie schläft es sich im Gefängnis?
„Nun, es gibt zwei Arten von Unterkünften. Entweder, man übernachtet im Schlafsaal, in dem 50 Etagenbetten stehen, oder in einem engen Raum, den man sich mit einem oder zwei Zellengenossen teilt. Im Schlafsaal übernachten zu müssen, war sehr hart. Vermutlich entwickelte sich dort meine posttraumatische Belastungsstörung. Ich war immer nervös und blieb wach, bis die meisten anderen eingeschlafen waren. Erst dann konnte ich entspannen und einschlafen.“
7. Braucht man wirklich im Gefängnis Geld oder kauft man sich damit nur Luxusdinge?
„Man braucht Geld. Es ist nicht nur für besondere Annehmlichkeiten. Man benötigt es auch für grundlegende Produkte wie Haarshampoo, Haarpflege oder Rasierer. Wer Hygieneartikel möchte oder Zahnpasta, die kein Klebstoff ist, der muss sich Geld besorgen. Die ausgegebene Paste ist nämlich schrecklich. Man muss auch für Briefmarken, Papier und Umschläge bezahlen. Auch Extra-Nahrungsmittel zählen dazu, weil man bei der Essensausgabe nicht viel bekommt und meistens hungert.“
8. Gibt es eine Hierarchie unter den Häftlingen? Wer genießt den größten Respekt?
„Zuerst muss ich sagen: Ich habe mir das nicht ausgedacht, es ist einfach so. Also, wer steht ganz oben, wer genießt den größten Respekt? Das sind die Lebenslänglichen, die Mörder. Auf dem zweiten Platz nach den Mördern befinden sich die Drogendealer. Auch sie genießen viel Respekt. Dann kommen Diebe und Räuber. Ganz unten stehen die Kinderschänder. Leute, die Minderjährige oder Frauen missbrauchen.“
9. Ist ein Schwangerschaftsabbruch im Gefängnis erlaubt?
„Meiner persönlichen Erfahrung nach: nein. Das war für mich keine Option. Ich hatte zwar nicht vor, abzutreiben, aber so ist es nun einmal. Frauen im Gefängnis können solche Entscheidungen nicht treffen, vor allem nicht in den Südstaaten. Es interessiert die Leute einfach nicht, was man will. Es dauerte drei Monate, bis ich pränatale Vitamine bekam. Im Gefängnis schwanger zu sein, ist ein absoluter Albtraum.“
10. Wie sehr wird auf Hygiene geachtet?
„Das Schlimmste im Gefängnis war, dass die Justizvollzugsbeamten die Grundbedürfnisse der Häftlinge, was Hygiene und Gesundheit betrifft, kaum beachteten. Das betraf auch die Menstruation, wenn Frauen starke Blutungen hatten. Dann dauerte es manchmal Stunden, bis man saubere Kleidung bekam. Aber nicht immer: War der Fleck nicht groß genug, gab es keine neue Kleidung.“
Ein hartes Schicksal! Zum Glück konnte Jessica ihr Leben nach dieser Hölle wieder zum Besseren wenden und führt nun ein glückliches Leben mit ihrer Familie.
Vorschaubild: ©Instagram/jesken12