Sie sind jung, sie sind schön und sie alle haben nur eine einzige Aufgabe: ihren Partner glücklich machen. Auf TikTok und Instagram nimmt gerade ein fragwürdiger Trend Fahrt auf: Da sind Frauen, die sich dabei filmen, wie sie lächelnd die Wohnung putzen, einen Kuchen backen, sich schick machen – und das alles nur, um ihrem Partner zu gefallen, der währenddessen das Geld verdient.
Nicht nur überzeugte Feministinnen schütteln bei diesen kurzen Einblicken in das Leben der sogenannten „stay at home girlfriends“ (auf Deutsch etwa „Freundinnen, die zu Hause bleiben“) bzw. „Tradwifes“ (traditional wifes = traditionelle Hausfrauen) ungläubig den Kopf. Waren alle Frauenbewegungen, die die Emanzipation des vermeintlich schwachen Geschlechts zum Ziel hatten, für die Katz?
Moderne vs. traditionelle Hausfrau
Die Frauen von damals hatten sich selten bewusst für das Leben am Herd entschieden. Vielmehr gab es das Gesetz vor, dass es allein dem Mann oblag, über das in die Ehe eingebrachte Vermögen der Frau zu entscheiden. Auch konnte die Frau nur dann eine Berufstätigkeit ausüben, wenn der Ehemann zustimmte. Der Mann besaß in allen Angelegenheiten ein „Letztentscheidungsrecht“.
Erst im Jahr 1969 wurden verheiratete Frauen voll geschäftsfähig und erst 1977 durften Frauen auch ohne Erlaubnis ihres Ehemanns einer Arbeit nachgehen.
Die „Tradwifes“ sind sich einig: Der Mann hat das Sagen
Die sogenannten „Tradwifes“, die in den sozialen Medien immer präsenter werden, präsentieren sich gerne in braven Kittelkleidern und Blümchenblusen, sind oftmals von einer glücklichen Kinderschar umgeben und machen ihre Butter und ihr Brot selbst. Solche Accounts kommen vor allem aus den USA und haben streng religiöse Ursprünge.
Doch auch in Deutschland gibt es traditionelle Hausfrauen, wie der Instagram-Account von „tradwifefactory“ beweist. Ihre Videos tragen Titel wie „Als ich aufgehört habe zu nörgeln“, „Den optischen Präferenzen des Mannes entsprechen“ und „Wenn mein Mann nein sagt, heißt es auch nein“.
Die moderne Hausfrau trägt Stöckelschuhe
Doch es geht auch anders. Neben den „Tradwifes“ erobern die „stay at home girlfriends“ vermehrt das Internet. Statt in gestärkter weißer Schürze machen sie in den sozialen Medien mit High Heels, Minikleid und Extensions auf sich aufmerksam.
So auch Carolina, die unter dem Namen Malischka ihre 18.500 Follower auf Instagram mit Content über ihr Leben als „stay at home girlfriend“ versorgt. In den Videos ist die 27-jährige Dortmunderin mit ukrainischen Wurzeln zu sehen, wie sie ihrem Partner Frühstück zubereitet, ihm Blinis, dekoriert mit Blattgold, backt und sich die Nägel macht – und das alles top gestylt und auf Mallorca, denn da lebt das Paar in einer exklusiven Wohnung.
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Es mag befremdlich sein, diese junge Frau dabei zu beobachten, wie sie das „traditionelle“ bzw. sehr verstaubte Rollenverständnis aus dem letzten Jahrhundert in die Gegenwart holt. Ihre Videos tragen Titel wie „Alles für meinen Prinzen“, „Dein Mann verdient nur das Beste“ und „Dein Mann erlaubt dir, das Haus zu verlassen“. Ihr Tagesablauf besteht aus Kochen, Fitness, Selfcare und Haushalt. Ihren Partner zeigt Carolina alias Malischka übrigens nicht in den Videos, er muss ja schließlich das Geld erwirtschaften.
Für deinen Mann ist das Beste gerade gut genug.
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Wenn man sich die Videos genauer ansieht, kommen jedoch Zweifel auf: Wie echt ist das Leben von Carolina als Hausfrau „Malischka“, das sie auf Instagram zeigt? Bevor sie als Influencerin bekannt wurde, unterrichtete Carolina an einer Brennpunktschule in Nordrhein-Westfalen Deutsch und Sport. Während der Corona-Pandemie ging es für sie nach Mallorca, von wo sie seitdem als „Malischka“ Hausfrauen-Content produziert.
Als Carolina ist sie aber weiterhin als Unternehmerin tätig, betreibt gemeinsam mit ihrem Partner einen weiteren Account und eine Agentur für virales Marketing. Carolina ist also durchaus eine unabhängige junge Frau, deren Lebensaufgabe nicht allein darin besteht, ihren Mann zu umsorgen.
In einem Interview betont die 27-Jährige: „Der Begriff Feminismus bedeutet für mich, dass jede Frau das Recht hat, für sich selbst zu entscheiden, was sie glücklich macht.“ – Und dazu gehört eben auch das Leben als Hausfrau.
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Im Endeffekt sollte natürlich jede Frau das Leben führen, das sie will, und die Rollenverteilung wählen, die sie möchte. Jedoch darf man nicht vergessen, dass im Falle einer Trennung meist die Frau das Nachsehen hat. Wer jahrelang kein eigenes Geld verdient hat, steht dann plötzlich ohne rosige Rentenaussichten da.
Zudem ist das Bestreben, dass es dem Partner in der Beziehung gut geht, keine Einbahnstraße. Es ist schließlich nicht allein die Aufgabe der (Haus-)Frau, für Glück in der Beziehung zu sorgen. Soviel Gleichberechtigung sollte dann schon sein.
Quelle: ndr.de, echtemamas.de, cosmopolitan.de, taz.de
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