Kindererziehung ist ein Knochenjob. Gerade in der heutigen Zeit, in der sich die Gesellschaft rapide verändert, müssen Lehrer quasi zu Superhelden mutieren, um Schulleitung, Eltern und natürlich auch den Schülern selbst gerecht zu werden. Auch die US-Amerikanerin Jessica Gentry drohte an diesen Anforderungen zu zerbrechen, bis sie schließlich schweren Herzens kündigte. In einem öffentlichen Brief begründet die 34-jährige Vorschullehrerin ihre Entscheidung und spricht mit ihren schonungslos ehrlichen Worten vielen Lehrern und Eltern aus der Seele.
„Lasst mich euch erklären, warum die Lehrer, die für ihren Beruf brennen, jetzt abspringen, als stünden sie selbst in Flammen.
Die alte Ausrede: ‚Die Kinder haben sich verändert.‘ Nein, auf keinen Fall. Kinder sind Kinder. Erziehung hat sich verändert. Die Gesellschaft hat sich verändert. Die Kinder sind unschuldige Opfer dieser Veränderungen. Eltern schuften sich kaputt und hängen vor ihren technischen Geräten, Kinder sind labilen Familienumständen und schrecklichen Medieneinflüssen ausgeliefert. Und wir reden uns damit heraus, dass sich die Kinder verändert hätten? Was haben wir denn erwartet? Die Kinder, die in der Schule ausrasten? Die haben zu Hause kein sicheres Umfeld. Das Klassenzimmer ist der erste Ort, an dem sie ein ‚Nein‘ hören und an dem man ihnen Grenzen setzt und ihnen Liebe und Respekt zeigt. So viel zu ‚die Kinder haben sich verändert‘ …
In dieser Gemengelage ist unsere einzige Reaktion, die Schulen zu modernisieren. Kinder haben jetzt schon Probleme, sich in der Gesellschaft zurechtzufinden, und wir überhäufen sie mit noch mehr Technik, weil es sich gut auf unserer Webseite macht. Bei einem Einstellungsgespräch fragte man mich: ‚Kennen Sie sich mit Technik aus? Das ist uns wichtig.‘ Selbst Bobo, der Affe, kennt sich mit Technik aus, aber ich kann gut mit Kindern umgehen.
Anstatt Eltern in die Verantwortung zu nehmen und mit ihnen zusammenzuarbeiten, haben wir eine Dienstleistungsmentalität angenommen. Ich habe Schimpftiraden auf Facebook geerntet, weil ein Kind die Schule geschwänzt hat und es eine Ermahnung gab. Die Sache ist die: Ich kann euren Kindern nichts beibringen, wenn sie nicht in der Schule sind. Ich wurde von Eltern beschimpft, die an einem Tagesausflug teilnehmen wollten, aber nicht auf die drei vorangegangenen Info-Briefe reagiert haben, und dann kommen sie mit und hängen die ganze Zeit am Handy. Es gab Eltern, die mich an Elternabenden mehrfach versetzt haben und die sich dann bei der Leitung beschwert haben, dass wir keine Termine außerhalb der Schulzeit anbieten. Es gab Eltern, die mir verboten haben, ihrem Kind ‚Nein‘ zu sagen.
Meine psychische und physische Gesundheit war täglich gefährdet. Weil ich wusste, dass eure Kinder mehr brauchen und verdienen, als sie bekommen. Ich saß in unzähligen Konferenzen und bettelte um mehr Unterstützung für die Kinder, nur um gesagt zu bekommen: ‚Zerbrich dir deretwegen nicht den Kopf.‘ Wenn man Kinder liebt und seinen Job mit Leidenschaft macht, sind solche Worte vernichtend. Wir sehen sie jeden Tag – mit dreckiger Kleidung, Chaos zuhause – und wissen, dass sie mehr brauchen, als wir ihnen im Klassenzimmer geben können. Daran zerbrechen wir.
Ich habe begriffen, dass ich sie nicht alle retten kann. Du kannst nicht mal 21 helfen, wenn du selbst nicht gesund bist. Wenn deine geistige und körperliche Gesundheit nicht im Mittelpunkt steht, bist du selbst für die 21 keine Hilfe.
Ich habe beschlossen, bei meinem eigenen Kind anzufangen und anderen Müttern zu helfen, für ihre Kinder da zu sein. Denn ich bin überzeugt, dass das die Grundlage ist. Ich habe vielleicht das Klassenzimmer verlassen, aber ich setze mich weiter für diese Kids ein – nur auf andere Art.“
Mit dieser Abrechnung trifft Jessica, die selbst Mutter ist, sowohl bei Eltern als auch bei Lehrern einen Nerv: Der ehrliche Brief der Ex-Lehrerin wurde bisher fast 1.000 Mal kommentiert und über zweihunderttausend Mal geteilt. Jessica hofft, dass ihre Worte etwas Positives bewirken, damit Lehrer keine Superkräfte mehr brauchen, um ihre Arbeit zu bewältigen, und die Kinder die Fürsorge und Förderung bekommen, die sie so dringend brauchen.
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Quelle: Bored Panda
Vorschaubild: ©Facebook/Jessica Gentry