Im Jahr 1891 ist Margaretha Geertruida Zelle aus Leuwardeen in den Niederlanden erst 15 Jahre alt, als ihre Mutter stirbt und das Mädchen allein zurückbleibt. Ihr Vater, ein Hutmacher, hatte die Familie bereits vor einer Weile verlassen. Margaretha hat Glück, denn die Eltern ihrer Mutter nehmen sich ihrer an und schicken sie zur Schule, um sie zur Kindergärtnerin ausbilden zu lassen.
Doch ihr Leben sollte einen anderen Weg nehmen. Wybrandus Haanstra, der Direktor der Schule, sieht, dass die junge Margaretha sich nach Zuwendung und Aufmerksamkeit sehnt und nutzt ihre Einsamkeit aus. Schon bald kursieren böse Gerüchte über den älteren Mann und die 15-jährige Schülerin, und Margaretha wird der Schule verwiesen. Für Haanstra hat seine Affäre mit einer Minderjährigen, die unter seiner Aufsicht stand, keine Konsequenzen, er bleibt ein geachteter Schulleiter.
Margaretha wird nach Den Haag geschickt, wo sie bei einem Verwandten unterkommt. Einige Jahre später meldet sie sich auf eine Heiratsanzeige, die sie in der Zeitung gelesen hat. Rudolf MacLeod, ein Marineoffizier, sucht eine Ehefrau, und die beiden werden sich schnell einig – Margaretha ist 19 Jahre alt, als sie ihn heiratet und mit ihm zu seinem Einsatzort Indonesien reist.
Ihr Ehemann aber ist nicht der Mensch, als der er sich ihr vorgestellt hat. Der 20 Jahre ältere Mann ist Alkoholiker und hat eine Syphiliserkrankung, die er ihr verschwiegen hatte. Er schlägt und betrügt seine Frau regelmäßig und gibt ihr die Schuld daran, dass er nicht befördert wird.
Margaretha lenkt sich von ihrer unglücklichen Situation ab, indem sie die Landessprache erlernt und sich in den traditionellen Tänzen unterrichten lässt. Solche Freude findet sie am Tanz, dass sie sich bald den Künstlernamen zulegt, unter dem sie in die Geschichte eingehen wird: „Mata Hari“, „das Auge des Tages“.
1902 hat sie genug von ihrem Mann und verlässt ihn. Um ganz neu anzufangen, reist sie nach Paris, wo sie als Model und Tänzerin arbeitet, um sich über Wasser zu halten.
Ihr exotischer Tanzstil und ihre dunkelhaarige Schönheit treffen genau den Geschmack der Zeit um die Jahrhundertwende. Schnell wird sie zu einer Berühmtheit. Ihre skandalumwitterten Auftritte werden zu gefragten Treffpunkten der feinen Gesellschaft von Paris. Margaretha ist der Star des Nachtlebens, ihre Bewunderer schwärmen von ihrer „katzenhaften Anmut“ und den „Bewegungen ihrer tausend Kurven“.
Für die Sittenvorstellungen ihrer Zeit ist ihre Darbietung extrem gewagt. Mata Hari erscheint beinahe nackt auf der Bühne, trägt nur hauchzarte Schleier und exotischen Schmuck. Ihre sinnlichen Tanzbewegungen entrüsten Moralisten und begeistern die wohlhabendsten und einflussreichsten Männer des Landes. Bald ist sie die berühmteste Kurtisane Europas. Ihr Ruf reicht um die ganze Welt.
Nach einigen Jahren des Lebens in Saus und Braus beschließt sie 1915, sich mit ihrem Geliebten Wladimir Masloff in ihrer Heimat, den Niederlanden, zur Ruhe zu setzen. Aber wieder macht das Schicksal ihre Pläne zunichte. Wladimir wird als Soldat des Ersten Weltkrieges eingezogen. Wenig später erhält sie böse Nachrichten von der Front: Er ist verwundet worden und liegt in einem Krankenhaus in Frankreich.
Sie beantragt ein Visum, um ihn besuchen zu können. Die französischen Behörden nutzen die Notlage der weltberühmten Tänzerin aus: Sie bieten ihr ein Visum an, wenn sie im Gegenzug die deutsche Seite ausspioniert. Mata Hari bleibt keine Wahl, wenn sie Wladimir wiedersehen will.
Sie belebt eine alte Bekanntschaft aus ihren erfolgreichsten Tänzerzeiten wieder: Prinz Wilhelm, den Sohn des deutschen Kaisers. Der trifft sich auch gerne wieder mit der schönen Kurtisane, nur weiß er nichts über Kriegsgeheimnisse und militärische Strategien. Er hat überhaupt kein Interesse an Politik. Bei ihm kann Mata Hari keine Informationen bekommen.
Zu allem Übel bemerkt der deutsche Spionagedienst ihre Bemühungen und stellt sie ebenfalls vor eine unmögliche Wahl – vor Gericht gestellt zu werden oder aber für die deutsche Seite zu spionieren.
Aus dieser Lage heraus kann es kein gutes Ende mehr mit Mata Hari nehmen. Als von beiden Seiten benutzte Doppelagentin muss ihr gefährliches Spiel früher oder später auffliegen. Bald schon werden die französischen Geheimdienste misstrauisch und locken sie in eine Falle.
Obwohl sie nie erfolgreich spioniert oder etwas Wichtiges herausgefunden hat, gilt sie als eine überaus gefährliche Spionin im Dienste der Deutschen und wird am 13. Februar 1917 verhaftet. In einem Gerichtsprozess, von dem die Öffentlichkeit wegen „Gefährdung des Landes“ ausgeschlossen, der aber von der Presse fasziniert verfolgt wird, wird sie des Hochverrats für schuldig befunden und zum Tode verurteilt.
Am frühen Morgen des 15. Oktobers 1917 wird Mata Hari nur eine Stunde vor dem angesetzten Termin davon informiert, dass der Zeitpunkt ihrer Hinrichtung gekommen ist. Sie darf noch drei Abschiedsbriefe schreiben und sie dem Gefängnisdirektor übergeben, dann wird sie vor ein zwölfköpfiges Erschießungskommando geführt.
Die ihr angebotene Augenbinde lehnt sie ab. Als die Schützen ihre Gewehre heben, sagt sie zu dem diensthabenden Offizier noch: „Monsieur, ich danke Ihnen.“ Es sind ihre letzten Worte. Dann hallen zwölf Schüsse durch den kalten Morgen.
Um Mata Haris Leben und ihren Tod ranken sich bis heute unzählige Geschichten und Legenden. Angeblich hat sie den Soldaten, die sie erschossen haben, zuvor Küsse zugeworfen oder sich sogar vor ihnen entkleidet haben. Angeblich wurde nach ihrem Tod ihr Kopf konserviert und im Pariser Anatomiemuseum ausgestellt, aus dem er dann unter rätselhaften Umständen verschwunden sein soll. Andere behaupten, sie habe ihren Tod nur vorgetäuscht und sei mit Hilfe eines russischen Adeligen geflohen.
Fest steht nur, dass Mata Hari eine Frau war, deren Freiheitsliebe, Abenteuerlust und glamouröse Erscheinung Hunderte von Geschichten inspirierten und die bis heute die Phantasie von Historikern, Regisseuren und Schriftstellern beflügelt.
Ob sie eine gewissenlose Person war, die andere nach Lust und Laune ins Verderben stürzte, oder ein bloßer Spielball der Geheimdienste oder von beidem etwas – sie ist unter dem Namen unsterblich geworden, den ihr niemand gegeben hat, sondern den sie für sich selbst gewählt hat:
Mata Hari – die größte Femme fatale ihrer Zeit.