Was ist ein „menschlicher Blitzableiter„? Man könnte den Wildhüter Roy Sullivan so bezeichnen. Blitze trafen den armen Mann in seinem Leben sieben Male. Er überlebte jedes Mal.
Die Chance, einen direkten Blitzeinschlag zu erleiden, ist in etwa so groß wie ein Sechser im Lotto.
Nicht jeder Blitzschlag ist tödlich. Mit den Möglichkeiten der modernen Medizin ist es heutzutage sogar recht wahrscheinlich, mit dem Leben davonzukommen. Doch Blitze hinterlassen schmerzhafte Narben am ganzen Körper. Sie schädigen die Muskeln, Organe und das Nervensystem für immer.
Es gibt Menschen, die Blitze anzuziehen scheinen. Sie werden in ihrem Leben gleich mehrfach vom Blitz getroffen. Warum das so ist, konnte noch nicht herausgefunden werden.
Jemand, der so viele Blitzeinschläge überlebte, dass er als „menschlicher Blitzableiter“ sogar seinen eigenen Eintrag im Guinnessbuch der Rekorde bekam, war Roy Sullivan aus dem US-amerikanischen Bundesstaat Virginia.
Roy wurde in seinem Leben sieben Mal vom Blitz getroffen und hat jedes Mal überlebt.
Er wurde 1912 geboren und arbeitete sein ganzes erwachsenes Leben lang als Wildhüter im Shenandoah National Park in Virginia.
Im Jahr 1942 geschah es zum ersten Mal: Roy Sullivan hatte vor einem Gewitter Schutz in einem der Wachtürme des Parks gesucht. Dieser Turm war gerade erst neu errichtet worden und hatte noch keinen Blitzableiter.
Der erste von vielen Blitzen
Es kam, wie es kommen musste: Der Blitz schlug in den Turm ein. Roy floh aus der brennenden Kabine und rannte davon. Es half ihm nichts, der nächste Blitz erwischte ihn direkt. Er lief sein rechtes Bein hinunter, schlug in seinen Zeh ein und brannte ein Loch in seinen Schuh.
Roy schätzte sich glücklich, nur mit einer Verbrennung davongekommen zu sein. Doch das war erst der Anfang.
27 Jahre später, im Juli 1969, fuhr er mit seinem Truck eine Bergstraße entlang. Mehrere Blitze schlugen in die Bäume am Straßenrand ein. Einer davon sprang von den Ästen über – durch das Fenster des Trucks – und traf Roy. Der wurde bewusstlos, seine Augenbrauen verbrannten und sein Haar fing Feuer. Der Truck rollte weiter, bis er kurz vor einer Klippe zum Stehen kam.
Nur ein Jahr später erwischte es Roy direkt in seinem Vorgarten. Der Blitz traf einen Stromkasten, sprang auf Roy über und hinterließ Verbrennungen an seiner Schulter.
Im Frühling 1972 war es schon wieder so weit. Diesmal setzte der Blitzschlag wieder Roys Haar in Brand, er rannte ins Bad und löschte es mit einem nassen Handtuch.
Ein Leben als „menschlicher Blitzableiter“
Roy war kein ängstlicher Mensch, aber langsam fing er an, sich von Blitzen verfolgt zu fühlen. Er begann, sich bei Gewitter flach auf den Boden zu legen. Er trug extra Wasser mit sich, um im Notfall seine Haare löschen zu können. Die Menschen um Roy herum fingen an, ihm den Spitznamen „Menschlicher Blitzableiter“ zu geben.
Als Roy 1973 im Park sah, wie sich eine Gewitterwolke formte, versuchte er, ihr in seinem Truck zu entkommen. Aber sobald er sich sicher fühlte und ausstieg, traf ihn schon der nächste Blitz. Er hatte immerhin drei Jahre lang Ruhe, bevor er 1976 schwor, eine Gewitterwolke hätte ihn so lange verfolgt, bis er wieder vom Blitz erwischt wurde. Beide Male löschte er seine brennenden Haare mit dem mitgeführten Wasser.
Irgendwann reicht es einfach
Eines Morgens im Sommer 1977 angelte Roy an einem See. Als ein Blitz aus heiterem Himmel seinen Kopf traf und seine Haare entzündete, ging er nur noch resigniert zu seinem Auto zurück. Doch als jetzt auch noch ein Bär aus dem Gebüsch brach und den Fisch stehlen wollte, den er gerade gefangen hatte, war es Roy wirklich zu viel. Er brach einen Ast vom nächsten Baum und prügelte den Bären in die Flucht.
Menschen begannen, Roy Sullivan zu meiden, weil sie Angst hatten, in seiner Nähe in Gefahr zu sein. Mehrfach liefen Leute vor ihm davon, sobald es nach Regen aussah. Seine Frau wurde einmal vom Blitz getroffen, als sie neben ihm im Garten stand.
Ein trauriges Ende
Die wiederholten Verbrennungen, das Gefühl, verfolgt zu werden und verflucht zu sein, sowie die zunehmende Einsamkeit machten Roy zu einem traurigen Mann. Er hatte immer Angst, eine Gefahr für die Menschen in seiner Nähe zu sein.
Am 28. September 1983 setzte Roy Sullivan seinem Leben mit einer Schusswaffe ein Ende. Er bleibt der Mensch, der die meisten dokumentierten Blitzeinschläge überlebt hat. Zwei seiner Hüte und ihre Brandlöcher sind bis heute in Ausstellungen zu sehen.
Was es wohl war, das die Elektrizität aus dem Himmel so stark angezogen hat? Vielleicht wird dieses Rätsel eines Tages gelöst werden.
Quelle: wikipedia
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