Im Haus des Anwalts Paul Alexander ist den ganzen Tag über ein rhythmisches Brummen und Dröhnen zu hören. Die Geräusche stammen von einer riesigen Röhre aus Metall, aus der nur der Kopf des 77-Jährigen herausschaut – eine Eiserne Lunge. Und der US-Amerikaner ist einer der letzten Menschen, der dieses Gerät noch benutzt.
Die Eiserne Lunge, in den späten 1920er Jahren erfunden, war die erste Maschine, mit der man einen Menschen beatmen konnte. Das Gerät wird vom Hals abwärts luftdicht verschlossen und erzeugt in der Kammer einen Unterdruck, wodurch Luft in die Lunge des Patienten gesogen wird. Erzeugt es Überdruck, wird die Luft wieder aus den Lungen gepresst und der Patient atmet aus.
Zum Einsatz kam die Maschine früher vor allen Dingen bei Menschen, die an Polio, auch Kinderlähmung genannt, erkrankt waren. Die durch einen Virus ausgelöste Infektionskrankheit (gegen die es erst seit den 1950ern einen Impfstoff gibt) kann zu Muskellähmung führen und damit auch zur Lähmung der Atemmuskulatur – Letzteres war damals vor Erfindung der maschinellen Beatmung ein Todesurteil für die Betroffenen.
Ein Leben im Stahlkäfig
Der US-Amerikaner Paul Alexander ist 6 Jahre alt, als er an Polio erkrankt. Mit Atemnot wird er schließlich ins Krankenhaus geliefert – und erwacht in einer Eisernen Lunge. „Ich fragte mich: Fühlt sich so der Tod an, ist das ein Sarg?“, erinnert er sich. „Ich konnte mich nicht bewegen, nicht einmal einen Finger.“ Doch an das Gefühl hat sich der Mann gewöhnt: Seit über 70 Jahren lebt der Mann nun mehr oder weniger in der Maschine.
Und das hat ihn nicht davon abgehalten, sein Leben zu leben! „Ich bin damit gereist – habe es auf einen Truck gestellt“, erinnert sich der 76-Jährige. Und ich bin damit zur Uni gegangen, habe damit im Studentenwohnheim gelebt. Da haben alle ganz schön geguckt.“ Bis heute arbeitet der vom Hals abwärts gelähmte Mann als Anwalt und nutzt seinen Mund und Stäbchen, um Tastatur und Telefon zu bedienen.
„Ich habe alles im Leben erlebt, was andere auch erlebt haben.“
Eiserne Lungen werden schon seit einem halben Jahrhundert nicht mehr hergestellt, da es mittlerweile viel modernere Beatmungsgeräte gibt. Doch der Polio-Überlebende zieht nach all den Jahren der Gewohnheit sein Metallungetüm der neuen Technologie vor. Als das für ihn lebenswichtige Gerät vor einigen Jahren kaputtzugehen droht, startet der Anwalt aus Dallas deshalb einen verzweifelten YouTube-Aufruf. Zum Glück findet er so im ganzen Land ausgemusterte Maschinen, die man zur Ersatzteilgewinnung ausschlachten kann, und außerdem einen Tüftler, der sich an die alte Technik herantraut.
Durch jahrelanges Training hat sich Paul Alexander eine alternative, wenn auch sehr anstrengende Atemtechnik beigebracht: „Ein bisschen wie ein Fisch“, erklärt er. „Ich nutze meine Zunge und meine Kehlkopfmuskeln, um Luft zu verschlingen und in meine Lunge zu schlucken.“ Auf diese Weise kann sich der US-Amerikaner tagsüber auch zeitweise außerhalb der Druckkammer aufhalten, schläft jedoch nachts in der Metallröhre.
In diesem Video erzählt er (auf Englisch) seine Geschichte:
Heute macht sich Paul Alexander vor allem dafür stark, dass Kinder weiterhin gegen das Polio-Virus geimpft werden, nachdem es in einigen Teilen der Erde wieder zu Ausbrüchen gekommen ist. Dennoch ist er stolz auf das, was er trotz aller Widrigkeiten in seinem Leben erreicht hat: „Ich habe alles im Leben erlebt, was andere auch erlebt haben, und mehr. Es war oft hart und nicht immer spaßig. Aber es war immer eine Herausforderung. Und ehrlich gesagt liebe ich Herausforderungen.“
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