Peter Stump, im Volksmund auch Stubbe-Peter genannt, soll angeblich ein Werwolf gewesen sein. Doch ist das möglich?
Mythen und Legenden haben immer einen realen Kern – und zwar den der menschlichen Fantasie. Wenn wir uns etwas nicht mit den Mitteln der Vernunft erklären können, dann füllen übernatürliche Deutungen in unserer Vorstellung die Lücken aus.
Wenn Menschen einer furchtbaren Krankheit rat- und machtlos gegenüberstanden, dann erklärten sie sich das Elend mit bösen Zaubern oder gefährlichen Monstern. Beging jemand so schreckliche Verbrechen, dass man sich kaum vorstellen konnte, dass ein Mensch zu so etwas fähig gewesen sein soll, dann hielt man den Täter natürlich für ein unmenschliches Wesen aus einem finsteren Märchen.
Es ist sehr schwer, sich einzugestehen, zu welchen Gräueltaten ganz normal wirkende Menschen imstande sind. Das Übernatürliche ist da verrückterweise eine beruhigende Erklärung.
Eine mysteriöse Mordserie
Als im 16. Jahrhundert die Gegend um die Stadt Bedburg in Nordrhein-Westfalen über Jahrzehnte hinweg von einer Reihe grässlicher Verbrechen heimgesucht wurde, ging schnell das Gerücht um, dass kein Mensch, sondern nur ein echtes Monster solche Taten begehen könne.
Über einen Zeitraum von 25 Jahren geschahen in der näheren Umgebung von Bedburg schreckliche Dinge. Auf den Feldern und in den damals noch dichten Wäldern wurden immer wieder Frauen und Kinder bei ihren Arbeiten und auf ihren Wegen überfallen, vergewaltigt und brutal ermordet.
Ruchlose Räuberbanden
Eine logische Erklärung für all die Gewalttaten wäre der Truchsessische Krieg, der von 1583 bis 1588 die Gegend zwischen Erft und Rhein verwüstete. Söldnerheere mehrerer Dienstherren raubten, mordeten, plünderten und vergewaltigten im Kölner Umland, ohne dass ihnen jemand Einhalt gebot. Als die Kriegshandlungen zu Ende waren, änderte sich wenig, die Söldner wurden entlassen und machten einfach als Räuberbanden weiter.
Aber diesen Banden war nur schwer beizukommen, und es war sicher einfacher, einer einzelnen verhassten Person all die ungesühnten Verbrechen anzulasten. Der Verdacht fiel auf jemanden, dem man ohnehin nicht über den Weg traute: den Bauern Peter Stump.
Der verhasste Peter Stump
Stump, der bis heute als Stubbe- oder Stübbe-Peter bekannt ist, wurde 1525 geboren und hatte seinen Hof am Waldesrand der Kasterer Höhe, im alten Bedburger Stadtteil Alt-Epprath. Er war wohlhabend, soll einen üblen Charakter gehabt haben und hinter seinem Rücken wurde so manches getuschelt. Angeblich war er ein Zauberer und praktizierte finstere Magie.
Als seine Frau starb, zog eine Verwandte namens Katharina Stump auf den Hof, um Stump dort auszuhelfen. Schnell ging das Gerücht um, der Stubbe-Peter lebe mit seiner „Gevatterin“ Katharina in einem inzestuösen Verhältnis. Stumps Tochter Sybilla war unverheiratet schwanger und man sagte sich, dass ihr Vater dafür verantwortlich war. Als Stubbe-Peters Sohn plötzlich verschwand, hieß es, sein Vater habe ihn ermordet und verspeist.
Als im Laufe der Jahre immer wieder Menschen im Wald überfallen, missbraucht und ermordet wurden, berichteten Zeugen von einer verdächtigen Gestalt, die sie angeblich zwischen den Bäumen gesehen hatten. Man fing an, eine mythische Bestie hinter den Taten zu vermuten: einen Werwolf, Mensch und Wolf zugleich.
Jagd auf den Werwolf von Bedburg
Als die „Bestie“ 1589 wieder gesichtet wurde, sammelte sich eine Gruppe von Männern mit ihren Hunden und jagte die Gestalt durch die Wälder, bis hinauf zum Kasterer See. Dort kreisten sie den „Werwolf“ ein und hackten ihm eine Pfote ab, bevor er zwischen den Bäumen verschwand. Hier waren die Männer ganz in der Nähe von Stubbe-Peters Hof. Sie zogen ihn aus seinem Haus, und siehe da: Peter Stump fehlte plötzlich eine Hand.
Die ganze Geschichte von der Jagd im Wald und der abgeschlagenen Werwolfspfote kann sich ein wütender Mob ausgedacht haben, der ohnehin vorhatte, den verhassten Peter Stump für all die Morde zur Rechenschaft zu ziehen. Auch der „magische“ Gürtel aus Wolfsfell, den man bei ihm fand, scheint heute entweder ein unbedeutender Zufall oder ein absichtlich platziertes Beweisstück zu sein.
Geständnisse unter Folter
Doch vor einem Gericht des 16. Jahrhunderts waren dies sehr belastende Umstände für Stubbe-Peter. Im Schloss Bedburg gestand er unter Folterqualen schließlich alles, was man ihm vorwarf. 16 Morde, zahllose Vergewaltigungen, Inzest mit Katharina und Sybilla, Zauberei und Umgang mit dem Teufel will er begangen haben. Mit Hilfe des Wolfsfell-Gürtels habe er sich in einen Wolf verwandelt, der unnatürlich stark und schnell gewesen sein soll.
Am 28. Oktober 1589 befand das Gericht ihn für schuldig. Am 31. Oktober verbrannten Katharina und Sybilla als seine Komplizinnen auf der Erfthalbinsel Broich auf dem Scheiterhaufen. Peter Stump selbst räderte, enthauptete und verbrannte man. Die Akten und Aufzeichnungen zu Stumps Prozess sind nicht erhalten geblieben. Einzig die Flugblätter der damaligen Zeit geben Historikern Hinweise darauf, was damals passierte.
In der Gegend um Bedburg nennt man einen Werwolf bis heute einen „Stüpp“. In den heute viel lichteren Wäldern um Bedburg herum erinnert ein Werwolf-Wanderweg in sieben Stationen an das Leben und Sterben des Stubbe-Peter. Zu Halloween kann man dort geführte Nachtwanderungen mitmachen, bei denen die Geschichte des Werwolfs erzählt wird.
Es hat immer wieder Fälle gegeben, in denen Mörder sich in den Wahn hineingesteigert haben, Werwölfe zu sein – damit konnten sie die Unmenschlichkeit ihrer Taten auf „den Wolf“ schieben, statt sich ihrer eigenen Grausamkeit stellen zu müssen. Es ist gut möglich, dass Peter Stump ein solcher Fall gewesen ist.
Von dem, was in den Wäldern Bedburgs damals wirklich passiert ist, bleibt heute nur noch die Legende vom Stubbe-Peter.
Quellen: express, wikipedia
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