Mutter werden – das war für Tia Freeman aus Nashville, Tennessee, unvorstellbar, denn für die 22-jährige Mitarbeiterin der US Air Force stand immer die Karriere an erster Stelle.
Als sie im Januar dieses Jahres überraschend erfuhr, dass sie im siebten Monat schwanger war, verdrängte sie die Tatsache, dass sie schon bald ungeplant Mama werden würde, erfolgreich.
Der nahenden Geburt zum Trotz machte sich Tia am 7. März dieses Jahres auf den Weg nach Deutschland, um einen Freund zu besuchen. Ihr Hinflug hatte einen planmäßigen Zwischenstopp im türkischen Istanbul und um den 17-stündigen Aufenthalt zu überbrücken, hatte sie sich im Vorfeld ein Hotelzimmer gebucht.
Bereits während des Fluges litt die hochschwangere Tia unter immer wiederkehrenden Bauchkrämpfen, für die sie zunächst das Essen verantwortlich machte. Doch auch nach der Landung in Istanbul ließen ihre Beschwerden nicht nach: „Ich musste mich an Geländern festhalten und ich fühlte mich, als würde ich ohnmächtig werden. Ich schwitzte und dachte, ich müsste mich übergeben.“ Plötzlich dämmerte es der jungen Frau: Hatte sie etwa Wehen?
Augenblicklich zückte sie ihr Smartphone, googelte ihre Symptome und fand heraus, dass sie mit ihrer Vermutung richtig lag. Sofort stand für Tia fest: „Ich wollte mein Kind nicht im Flughafen bekommen.“
Also machte Tia sich auf den Weg ins Hotel. Da sie sich mit dem dortigen Personal nicht verständigen konnte, die Nummer des türkischen Notrufs nicht kannte und große Sorgen hatte, dass ihre Versicherung die Kosten für einen ausländischen Krankenhausaufenthalt nicht übernehmen würde, beschloss sie kurzerhand, das Baby allein auf die Welt zu bringen.
Im Hotelzimmer angekommen, suchte die junge Frau auf YouTube nach Geburtsanleitungen und bereitete sich so auf die bevorstehende Entbindung vor: „Ich hatte keine Zeit, um nervös zu sein. Ich musste sofort handeln. Also ließ ich warmes Wasser in die Badewanne laufen, nahm mir ein Handtuch, um darauf zu beißen, und legte ein anderes bereit, um das Baby darin einzuwickeln.“
Dann zog Tia sich aus und stieg in die Badewanne. Im Internet fand sie verschiedene Geburtspositionen, probierte einige aus und entschied sich für die bequemste.
Das Netz verriet ihr auch, wann sie pressen musste – nämlich dann, wenn ihre Wehen in Abständen von zwei Minuten kamen. Also stoppte die 22-Jährige ihre Wehenabstände mit ihrem Smartphone und stellte fest, dass ihre Kontraktionen bereits in Abständen von nur einer Minute wiederkehrten – es war also höchste Zeit, das Baby auf die Welt zu bringen.
Nach fünf oder sechs extrem schmerzhaften Presswehen glitt ihr Sohn schließlich unter ihr in das warme Badewasser, dann hob sie ihn heraus und schloss ihn in ihre Arme.
Wenig später googelte Tia, wie die Plazenta, die sich noch immer in ihrem Unterleib befand, herauskam. Sie folgte den Anleitungen und stieg mit ihrem Sohn aus der Wanne heraus, um im Badezimmer herumzulaufen und sich dabei mit der freien Hand den Unterbauch zu massieren. Als sie schließlich fühlte, wie sich die letzte Wehe aufbaute, setzte Tia sich kurzerhand auf die Toilette, presste die Plazenta heraus, fing sie auf und legte sie schließlich in einen Hygienebeutel.
Nun musste sie noch die Nabelschnur durchtrennen. Auch für dieses Vorgehen informierte sie sich im Internet. Um die Nabelschnur abzuklemmen, kochte sie ihre Schnürsenkel mit dem Wasserkocher des Hotelzimmers ab, funktionierte sie so kurzerhand zu sterilen Klemmen um und platzierte diese, wie im Netz beschrieben, an der Nabelschnur und durchtrennte diese mit einem Messer, das sie stets bei sich hatte.
Obwohl die Erschöpfung Tia zu übermannen drohte, säuberte sie noch das Badezimmer, das nach der Geburt „dem Set eines Horrorfilms glich“, bevor sie ihren Sohn, dem sie den Namen Xavier gab, stillte und sich mit ihm zum Schlafen ins Bett legte.
Am nächsten Morgen fuhr die Jungmama mit ihrem Baby, das sie sorgfältig in ihre Kleidung gewickelt hatte, zum Flughafen, um herauszufinden, wann sie mit ihm weiterreisen könne und welche Dokumente sie dafür benötigte. Tias Geschichte erregte beim Flughafenpersonal zunächst skeptische Aufmerksamkeit. Um auszuschließen, dass sie eine Menschenhändlerin ist, alarmierten die Angestellten die Polizei und riefen einen Krankenwagen.
Nachdem ärztliche Untersuchungen Tias Geschichte bestätigt hatten, kümmerte sich das Flughafenpersonal aufopferungsvoll um die frischgebackene Mama und ihren Sohn. Es kaufte dem Sprössling nicht nur seine erste Kleidung, sondern inspirierte Tia auch zu seinem zweiten Vornamen: „Das Flughafenpersonal sagte, dass zu ihm ein türkischer Name passen würde, also habe ich sie nach einem niedlichen Jungennamen gefragt und sie haben Ata vorgeschlagen.“
Schließlich wurde Tia in die Botschaft gebracht, wo ihr die Geburtsurkunde und der Pass für Xavier Ata ausgehändigt wurden. Die frischgebackene Mama blieb anschließend noch zwei Wochen in Istanbul, um sich zu erholen, bevor sie zurück in die USA flog.
Tia hat sich nach diesem außergewöhnlichen Geburtsereignis schnell an ihr neues Leben gewöhnt und ist mit ihrer Aufgabe als Mama überglücklich, denn nun gibt es für sie nichts Wichtigeres mehr als ihren Sohn.