Familien können viele Formen annehmen. Eltern sind nicht immer diejenigen, die ein Kind gezeugt oder geboren haben. Ein Nutzer der Internet-Plattform reddit fand sich in einer verzwickten Situation wieder. Ein Familiengeheimnis liegt nämlich über der Geburt seines ältesten Kindes.
Der Mann wandte sich an die Gemeinschaft der Nutzer, die unter dem Titel „AITA“ für „Am I the Asshole“ (auf Deutsch: „BIDB“ für „Bin ich der/die Böse“) Rat geben. Hier können Menschen fragen, ob sie sich in einer Situation danebenbenommen oder ob sie richtig gehandelt haben. Was er zu erzählen hatte, kommt selbst bei BIDB nicht oft vor:
„Ich weiß, die ganze Geschichte ist schwer zu glauben, aber sie ist wirklich wahr. Meine Familie steht deswegen gerade kopf.
Meine Eltern haben mich bekommen, als sie beide erst 19 Jahre alt waren. Mein Bruder (nennen wir ihn Josh) wurde geboren, als sie schon 42 waren. Als er 4 Monate alt war, ließen sie sich scheiden. Mit Josh wollten sie nichts mehr zu tun haben.
Ich war damals 23 und wohnte mit meiner Freundin zusammen. Ich versuchte, wenigstens einen von ihnen zu überzeugen, sich um das Kind zu kümmern. Aber sie weigerten sich beide und meinten, ich solle derjenige sein, der Josh großzieht. So wurde ich zum gesetzlichen Vormund meines Bruders. Er lebt jetzt seit 12 Jahren mit uns und so weit ist alles gut.
Ich aber denke, dass er das Recht hat, die Wahrheit zu wissen.
Josh ist jetzt beinahe 13, meine Freundin ist inzwischen meine Frau. Josh nennt mich ‚Papa‘, sie nennt er ‚Mama‘ und unsere beiden Kinder (vier und neun Jahre alt) sind quasi seine Geschwister. Er hat absolut keine Ahnung davon, dass wir nicht seine biologischen Eltern sind. Ich habe ihn großgezogen, aber er weiß nicht, wer ich bin.
Langsam fange ich an, mich schuldig zu fühlen. Einige meiner Onkel und Tanten kommen manchmal zu Besuch. Sie finden es scheußlich, dass Josh mich ‚Papa‘ nennt, und sind überrascht, dass ich ihm nicht die Wahrheit gesagt habe. Sie schreiben mir dauernd Nachrichten und rufen an. Ich kann kein Gespräch mit ihnen führen, das sie nicht auf dieses Thema zu lenken versuchen. Sie drängen mich, es ihm zu sagen, aber ich will nicht.
Ich habe es mit meiner Frau besprochen. Sie denkt, dass es falsch wäre, ihm die schlimme Wahrheit zu sagen, dass keines seiner Elternteile sich um ihn habe kümmern wollen. Ich bin die einzige Vaterfigur, die er je hatte, und auf diese hat er ein Recht.
Ich aber denke, dass er das Recht hat, die Wahrheit zu wissen. Zu wissen, wer er ist und wer ich bin. Aber er hat doch bereits genug gelitten und am liebsten würde ich alles so belassen, wie es ist.
Bin ich hier der Böse? Sollte ich ihm die Wahrheit sagen?“
Das sagen die Nutzer
Die Kommentare unter der Frage dieses reddit-Nutzers waren eindeutig. Sie rieten dem Mann, seinem kleinen Bruder die Wahrheit zu sagen, bevor er sie von jemand anderem hören würde. Er beriet sich noch mit seinem Therapeuten und entschloss sich dann, das schwierige Gespräch zu führen.
Die Eltern setzten sich mit all ihren Kindern zusammen und erzählten so schonend wie möglich, was seinerzeit passiert war. Josh war zuerst geschockt und gekränkt, weil man ihm die Wahrheit so lange verheimlicht hatte. Der Junge ging seinem „Vater“ (bzw. Bruder) eine Zeit lang aus dem Weg. Aber nach einigen Tagen suchte er das Gespräch und sagte ihm, dass er der beste Vater der ganzen Welt sei.
Der Familie geht es sogar besser als zuvor, denn niemand wird mehr von einem unausgesprochenen Geheimnis belastet.
Quelle: reddit
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